Zu o. g. Thema wurde von Herrn Orbach ein Interview mit Herrn Bernd Krewer geführt. Für den Inhalt sind die jeweils benannten Autoren verantwortlich. Die Inhalte der Artikel spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung des JGHV wieder. Alle hier bereitgestellten Informationen dienen lediglich Informationszwecken sowie der Meinungsbildung.
Joachim Orbach ( J. O. ) Wann soll man einen Spezialisten ( Hund u. Führer ) zur Nachsuche rufen?
Ein Interview mit Bernd Krewer ( B. K. )
Wenn es um das Thema Nachsuche auf Schalenwild geht, scheiden sich oftmals die Geister. Das trifft dann auch immer zu, wenn es um die Frage geht, soll ich einen Spezialisten rufen? Bewusst habe ich hier nicht Schweißhundführer und Schweißhund ( Hannoverscher Schweißhund oder Bayerischer Gebirgsschweißhund ) geschrieben, da ich die Leistungsfähigkeit auf Wundfährte von anderen Jagdhunderassen nicht in Frage stellen möchte - bestimmte Voraussetzungen von Hund u. Führer als Gespann erfüllend. Vielseitig geführten Jagdhunden sind aber auch oftmals gegenüber den reinen Schweißhunden ( HS u. BGS ) Grenzen gesetzt. So sind u.a. auch bestandene Prüfungen bis zur Verbandsschweißprüfung oder Verbandsfährenschuhprüfung lediglich als Einstieg in die Praxis zu betrachten. Allerdings bedarf auch der Schweißhund ( mit und ohne Ahnentafel des Verein Hirschmann e.V. oder des Klub Bayerischer Gebirgsschweißhunde 1912 e.V. ) eine entsprechende Einarbeitung, Prüfungen, Auslastung und Führung. So macht auch der Besitz eines Schweißhundes noch längst nicht den Schweißhundführer aus - was leider oftmals verkannt wird. Dort wo im Jahr nur wenige Nachsuchen anfallen, braucht man meiner Meinung nach auch keinen eigenen Schweißhund ( HS oder BGS ) . Um Antworten auf die Grundsatzfrage und einige andere Fragen zu bekommen habe ich ein Interview mit Bernd Krewer geführt - ein im In- und Ausland bekannter und anerkannter Jagdkynologe, Buchautor und langjähriger Schweißhundführer.
J.O. : Was sollte eine Hundeführer ( als Führer einer auf Vielseitigkeit verwendbar gezüchteten Rasse ) nach einer bestandenen Prüfung beim Einstieg die Nachsuchenpraxis beachten und welche Kenntnisse sollte er haben oder sich aneignen?
B.K.: Er sollte Passion und Zeit haben. Nachsuchen richten sich nicht nach beruflichen Terminen und die Vollmondphasen, in denen naturgemäß die meisten auf der Einzeljagd verursachten Schwarzwildnachsuchen anfallen, auch nicht. Wer nur am Wochenende und während seines Urlaubs Zeit hat, bringt keine optimalen Voraussetzungen für die Nachsuchenarbeit mit.
Er sollte sich vorab in der einschlägigen Nachsuchen-Literatur schlau machen ( gerade die gibt es ja zu genüge ). Er sollte Kontakt zu einem viel beschäftigten Nachsuchenführer aufnehmen und diesen, so oft es geht, bei Nachsuchen als „ zweiter Mann“ begleiten. Dabei kann er mehr lernen als aus allen Büchern der Welt!
J.O.: Viele Hundeführer sagen oftmals „ ich will meinen Hund ausschließlich für eine einfache Totsuchen brauchen“. Was würden Sie diesen Hundeführern empfehlen und was ist hierbei zu beachten?
B.K.: Eine Nachsuche ist dann ( garantiert! ) einfach, wenn am Anschuss ein halber Pfund Lunge liegt. Ein Leberschuss bei einer Sau kann bereits hohe Anforderungen an Hund und Führer stellen. Umgekehrt: ein Rumpftreffer bei einem Reh ist in 99 % aller Fälle eine „ einfache“ ( weil kurze ) Nachsuche. Die Pirschzeichen am Anschuss richtig ansprechen zu können und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen ist bereits die halbe Ladenmiete.
Bei unklaren Treffern und nicht eindeutigen Pirschzeichen am Anschuss: Kein Schweißhundführer wird es dem Führer eines nicht spezialisierten Jagdhundes verübeln, wenn er mit seinem Hund hundert bis maximal zweihundert Meter der Wundfährte am Riemen nachhängt ( vorausgesetzt, der eigene Hund ist keine heiße Hündin! ), dann aber abbricht und die ( zwei – und vierbeinigen ) Spezialisten um Hilfe bittet. Jeder vierbeinige BP, VPS, VGP, VSwP / VFSP – Absolvent wird diese maximal 200 Meter ohne Probleme schaffen.
J.O.: Da Hunde unterschiedlicher Rassen und Größen oftmals zur Nachsuche geführt werden oder zur Nachsuche geführt werden sollen, stellt sich auch die Frage: Wenn ist unbedingt ein hochläufiger Hund mit entsprechender Wildschärfe als sogenannter Loshund bei der Nachsuche mitzuführen?
B.K.: Man sollte immer einen hochläufigen, wildscharfen und laut jagenden Loshund mitführen, wenn der „Riemenarbeiter“ bei der notwendigen Hetze wegen zu kurzer Läufe ( Teckel ) oder mangelnder Wildschärfe ( Retriever, Beagel ) den Erfolg der Nachsuche gefährden können. Im Schwarzdorn, im Raps und in ausgedehnten Brombeerverhauen ist auch der mittelgroße bis große Hund bei kranken „mittelgroßen bis großen“ Sauen gefährdet. Er setzt dem Schlag des Keilers viel Masse entgegen und dabei kann eine Menge zu Bruch gehen. Viele Schweißhundeführer setzen hier als Loshunde Deutsche Jagdterrier ein, die sehr viel wendiger sind und dem Keilerschlag weniger Masse entgegensetzen. Wo dem großen / mittelgroßen Hund die Rippen brechen, fliegt der Terrier oft nur durch die Luft.
J.O.: Wenn die Nachsuche mit dem eigenen Hund nicht zum Erfolg geführt hat, stellt sich die Frage: Welche Fehler sollte der Hundeführer denn nicht machen?
B.K.: Auf keinen Fall schnallen und den Hund „ frei-verloren“ suchen lassen! Nur der Schweißriemen zwingt den Hund zu jeder Nasenarbeit zwingend notwendigen Konzentration!
Bedenke: Hunde die häufig bei Bewegungsjagden eingesetzt werden, können gelegentlich auf gesunden Fährten zum Erfolg ( = Beute ) führen, nämlich dann, wenn das gejagte Wild vor den Hunden erlegt wird. Bei solchen Hunden „reißt“ der Faden, obwohl sie ja eigentlich gelernt haben, dass nur die Wundwitterung und der Schweiß in der Fährte Erfolg verspricht. Bei solchen Hunden kann / sollte man sich auf die Verleitungssicherheit nicht mehr verlassen. Sie werden jeder frischen Verleitung folgen, die die kalte, vielleicht nicht mehr schweißende Wundfährte kreuzt.
Und nun die Grundsatzfrage J.O.: Wann sollte man einen Spezialisten ( Hund u. Führer ) einer anerkannten Schweißhundestation / Nachsuchenstation zur Nachsuche rufen?
B.K.: Nachsuchen sind praktizierter Tierschutz und fester Bestandteil dessen, was wir „Waidgerechtigkeit“ nennen. Jedes Herumprobieren mit ungeeigneten Hunden auf den Fährten kranken Wildes verlängert dessen Leiden und Schmerzen und ist im hohen Maße unwaidgerecht.
Im Übrigen: siehe meine Antwort zur Frage 2!
Kein Schweißhundführer wird es einem Jäger übel nehmen, wenn dieser ihn nach einem Schuss auf eine „Vollmond-Sau“ um Mitternacht anruft und um die Nachsuche bittet. Dann kann dieser planen und fürhzeitig seinen Hund am Anschuss ansetzen. Das wird u.U. die Leiden des kranken Wildes verkürzen und vielleicht auch den Vorgaben der Wildbrethygieneverordnung noch gerecht werden.
Abschlussbemerkung von Bernd Krewer: Unsere Schweißhundführer sind die wahren Helden der Jagd –auch in unseren Tagen! Ihre Arbeit ist aus meiner Sicht höher einzuschätzen als manche ehrenamtliche Tätigkeit jagdlicher Funktionäre mit Schlips und weißem Kragen. Das sollte endlich einmal auch entsprechend gewürdigt werden –zum Beispiel durch beitragsfreie Ehrenmitgliedschaft in jagdlichen Organisationen!
Ein besonderer Waidmannsdank an Herrn Bernd Krewer für dieses vorbildliche und richtungsweisende Interview. Joachim Orbach